Investieren ist nicht nur eine Frage der Zahlen und Märkte, sondern auch des menschlichen Verhaltens. Ein Schlüsselfaktor, der häufig übersehen wird, ist die Rolle der kognitiven Verzerrungen. Diese psychologischen Fallen können selbst die erfahrensten Anleger in die Irre führen und stellen oft den größten Feind beim Investieren dar.
Was sind kognitive Verzerrungen?
Kognitive Verzerrungen sind systematische Denkfehler, die unsere Urteile und Entscheidungen unbewusst beeinflussen. Sie entstehen aus der Art und Weise, wie unser Gehirn Informationen verarbeitet. Obwohl sie uns im Alltag helfen können, schnelle Entscheidungen zu treffen, können sie im Kontext des Investierens zu fehlerhaften Überlegungen führen.
Investment-Bias: Der Feind in uns
Beim Investieren treten spezifische Arten von Verzerrungen auf, die als Investment-Bias bekannt sind. Dazu gehören:
1. Bestätigungsfehler: Die Tendenz, nur Informationen zu suchen oder zu interpretieren, die die eigenen Überzeugungen bestätigen.
2. Verfügbarkeitsheuristik: Die Neigung, Entscheidungen auf Basis von Informationen zu treffen, die leicht verfügbar oder an die wir uns leicht erinnern, statt auf fundierten Daten.
3. Anker-Effekt: Sich bei Entscheidungen zu sehr auf eine spezifische Information (den „Anker“) zu konzentrieren und andere relevante Faktoren zu ignorieren.
Diese Verzerrungen können zu übermäßigem Selbstvertrauen, dem Festhalten an verlustreichen Investments oder dem Übersehen wichtiger Marktinformationen führen.
Warum unser Gehirn uns im Weg steht
Unser Gehirn ist darauf ausgelegt, Muster zu erkennen und schnell zu reagieren, was in einer sich schnell verändernden Welt wie den Finanzmärkten nicht immer vorteilhaft ist. Emotionen wie Gier und Angst spielen ebenfalls eine große Rolle und können rationale Entscheidungen überschatten.
Bitcoin & Krypto: Ein Paradebeispiel für Marktverhalten und kognitive Verzerrungen
Ein aktuelles und aufschlussreiches Beispiel für die Auswirkungen kognitiver Verzerrungen im Investmentbereich ist der Kryptowährungsmarkt, insbesondere Bitcoin. Trotz zahlreicher Totsagungen zu Beginn des Jahres 2023 - wie in den letzten 15 Jahren! - erlebte der Krypto-Markt in den folgenden Monaten ein beeindruckendes Comeback. Allein in den letzten 3 Monaten stieg der Preis von Bitcoin von rund CHF 24'000 auf 40'000 – ein Anstieg von 71 Prozent.
Warum Krypto ein interessanter Fall ist
1. Volatilität: Kryptowährungen sind bekannt für ihre extreme Volatilität. Dies verleitet Anleger oft dazu, emotional zu reagieren – sei es aus Angst oder Gier.
2. Medieneinfluss: Die intensive Medienberichterstattung über Kryptowährungen kann die Verfügbarkeitsheuristik verstärken. Schlagzeilen können dazu führen, dass Anleger Entscheidungen auf Basis von kürzlich gehörten Nachrichten treffen, anstatt auf tiefgreifender Analyse.
3. Technologie-Verständnis: Das Verständnis der zugrundeliegenden Blockchain-Technologie ist für viele Anleger herausfordernd, was zu übermäßigem Vertrauen in Influencer welche oberflächlich berichten um möglichst viele clicks zu erhalten oder eben zu Vermeidungsverhalten führen kann und dann nichts unternommen wird.
Lehren aus dem Krypto-Markt
Der Krypto-Markt zeigt, wie wichtig es ist, emotionale Reaktionen zu kontrollieren und sich auf fundierte, langfristige Strategien zu konzentrieren. Die jüngsten Preisanstiege bei Bitcoin könnten einige Anleger dazu verleiten, aus Angst, etwas zu verpassen (FOMO – Fear of Missing Out), impulsiv zu handeln. Andererseits könnten diejenigen, die bereits Verluste erlitten haben, zögern, wieder zu investieren – ein Beispiel für die Verlustaversion.
Strategien zur Überwindung der Verzerrungen
1. Bewusstsein: Erkennen Sie Ihre eigenen Verzerrungen und hinterfragen Sie Ihre Entscheidungen kritisch.
2. Diversifikation: Vermeiden Sie das „Alles auf eine Karte setzen“ und streuen Sie Ihre Investments.
3. Langfristige Perspektive: Konzentrieren Sie sich auf langfristige Ziele statt auf kurzfristige Marktschwankungen.
4. Fachlicher Rat: Ziehen Sie Berater hinzu, um eine objektivere Sichtweise zu erhalten.
Der Weg zu einem erfolgreichen Investment ist nicht nur das Verstehen der Märkte, sondern auch das Verstehen des eigenen Geistes. Indem wir unsere kognitiven Verzerrungen erkennen und ihnen entgegenwirken, können wir bessere, rationalere Investmententscheidungen treffen.
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